„Verkehrswende“ bedeutet auch, die Verteilung des öffentlichen Raums grundsätzlich zu überdenken. Insbesondere in Städten ist der öffentliche Raum zu einer knappen Ressource geworden, die unterschiedlich genutzt werden kann. Welche Möglichkeiten und Vorstellungen gibt es wenn der öffentliche Raum neu verteilt würde? Welche Wünsche haben beispielsweise AnwohnerInnen und NutzerInnen an ihre städtische Umgebung, wie würden Menschen ihre direkte öffentliche Umgebung umgestalten, wenn sie die Möglichkeit hierzu hätten? Diesen und ähnlichen Fragen ist das DLR Institut für Verkehrsforschung im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der temporären Sommerstraße Barbarossa in Berlin Schöneberg nachgegangen.

Im August 2021 wurde ein Teil der Barbarossastraße in Berlin-Schöneberg komplett autofrei. Konkret bedeutet das, dass es in diesem Zeitraum keinen motorisierten Verkehr im Bereich zwischen der Goltzstraße und der Kyffhäuser Straße gab und die Straße somit zum Zufußgehen, Radfahren, Spielen und zum Aufenthalt genutzt werden konnte. Das Projekt Kiezerfahren (gefördert vom BMU) hat im Vorfeld für die Umgestaltung der Fläche ein Konzept entwickelt, welches in diesem Zeitraum umgesetzt wurde und das insgesamt 10 „Schöne Flächen“ im Straßenraum vorgesehen hat. Es handelt sich dabei um Parklets aus Holzkonstruktionen, die zu unterschiedliche Aktivitäten einluden. So gab es beispielsweise die Möglichkeit, Kleidung zu tauschen und zu verschenken, in der Hängematte zu liegen, zu arbeiten, zu gärtnern etc.

Mögliche Auswirkungen der Umgestaltung: Nutzung des öffentlichen Raums, Parkplatzsuche und Verkehrslärm sind die wichtigsten Effekte

Im Folgenden wird dargestellt, welche Auswirkungen die Umgestaltung aus der Sicht der Befragten hat. Hierbei wird für insgesamt 18 Effekte gefragt, ob sich die Situation durch die Sommerstraße Barbarossa verbessert, verschlechtert hat oder unverändert bleibt. Zudem konnten die drei subjektiv als wichtigsten empfundenen Effekte angekreuzt werden. Hier zeigt sich, dass die Nutzung des öffentlichen Raums (TOP 1), gefolgt von Parkplatzsuche (TOP 2) sowie Verkehrslärm (TOP 3), als bedeutendste Effekte eingeschätzt wurden. In Hinblick auf die Parkplatzsuche hat sich nach Meinung der Befragten die Situation eindeutig verschlechtert, Verkehrslärm und die Nutzung des öffentlichen Raums haben sich hingegen verbessert.

Insgesamt schätzen die Befragten die Situation rund um den Autoverkehr als Herausforderung ein. Demnach haben sich die Parkplatzsuche, die Bedingungen für den Autoverkehr sowie der Verkehr in angrenzenden Straßen verschlechtert.

Interessant ist auch das Thema Lärm: Hier sehen die Befragten eine deutliche Verbesserung beim Verkehrslärm, allerdings gleichzeitig auch eine Zunahme des Freizeitlärms.

Bei Faktoren, die die Aufenthaltsqualität verbessern, wird eine Verbesserung angenommen: So hat die Sommerstraße Barbarossa nach Meinung der Befragten einen positiven Einfluss auf die Luftqualität, Verkehrssicherheit, Aufenthaltsqualität, Nutzung des öffentlichen Raums, nachbarschaftliche Kontakte, den Fußverkehr, die Situation für Familien und Kinder und in geringerem Maße auch auf die Situation von älteren Menschen.

Eher unklar oder negativ wird die Situation für Mobilitätseingeschränkte eingeschätzt. Nur 10 Personen der Befragten gaben an, dass sie selbst über eine Mobilitätseinschränkung verfügen, allerdings sehen auch sie durch die Sommerstraße eine Verschlechterung ihrer Situation.

Meinung zur Sommerstraße Barbarossa in Abhängigkeit von Pkw-Besitz (n=178), Altersstruktur (n=174) und Geschlecht (n=164)

Weitere Ergebnisse zur autofreien Sommerstraße Barbarossa in Berlin-Schöneberg sowie zum Hintergrund der Befragung befinden sich auf der DLR-Webseite.

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